11/12/2010 00:27:30
Jasper ist bereits 3 Tage alt und ich bin immer noch überwältigt von seiner Geburt. Nichts kann die Gefühle beschreiben, wie es ist, seinen kleinen Sohn nach so langer Zeit endlich im Arm halten zu dürfen und lieb haben zu können.
So kam es dazu:
Am Montag, den 6. Dezember 2010 – Nikolaustag – ging es mir so blendend wie lange nicht mehr in der Schwangerschaft. Ich fühlte mich deutlich aktiver und mobiler als in den Tagen zuvor. Das musste ausgenutzt werden, um die Vorräte noch mal aufzustocken und einen schönen Nachmittag zu zweit in der Stadt (inklusive Afternoon Tea bei Fortnum and Mason!) zu verbringen. Um kurz nach vier machte wir uns auf den Heimweg.
Zuhause angekommen verspüre ich leichte Unterleibsschmerzen. Kein Wunder, ich hatte es den ganzen Tag lang ja so übertreiben müssen! Also lege ich mich erst einmal aufs Bett und versuche, zu entspannen, was mir auch recht gut gelingt. Mein Mann kocht uns währenddessen ein leckeres Abendessen, leider bekomme ich nur wenige Bissen herunter, denn zu dem Zeitpunkt ist mir klar: Das Unterleibsziehen müssen Wehen sein. Um etwa 18 Uhr geht mir ein blutiger Schleimpfropf ab.
Die Wehen sind menstruationsschmerzartig – nicht angenehm, aber auszuhalten. Um etwa 22 Uhr, als sie in etwa in 5-minütigen Abständen auftreten, rufe ich zum ersten Mal im Krankenhaus an. Ich solle die Abstände weiterhin beobachten und wieder anrufen, sobald ich drei Wehen innerhalb von 10 Minuten bekomme. Das ist schon kurz später der Fall, also rufe ich wieder an. Die Wehen seinen mit ihrer Dauer von 40-50 Sekunden noch viel zu kurz, sagt man mir. Da es mein erstes Kind sei, rechne man mit einer Eröffnungsphase von mindestens 8-10 Stunden und ich solle mich darauf einstellen, zwischen 2 und 3 Uhr ins Krankenhaus zu kommen.
Ich kann die Wehen noch gut aushalten, nur die immer kürzer werdenden Abstände und zunehmende Intensität und der stärkere Druck nach unten machen mir langsam Angst. Außerdem will ich die lästige Fahrt durch die kalte Nacht endlich hinter mir haben. Also rufe ich um kurz nach Mitternacht wieder im Krankenhaus an: „Jetzt machen wir uns auf den Weg, basta!“
Ein Freund fährt uns. Um halb 1 Uhr kommen wir auf der Geburtsstation an und es herrscht Hochbetrieb! Ich muss auf dem Gang warten, bis ein Bett für mich zur Voruntersuchung frei wird. „Naja, besser als wieder nach Hause geschickt zu werden,“ denke ich. Bis zur Untersuchung klettere ich auf dem Wartestuhl herum, was mir den anerkennenden Kommentar „That’s improvisation!“ einer Hebamme einbringt. Dass ich eine ganze Stunde warten muss, bekomme ich irgendwie gar nicht so recht mit. Nun werde ich endlich untersucht und zwar von Mary, der uns zugewiesenen Hebamme, die uns sofort sympathisch ist. Sie fragt mich nach meinem „Birth Plan“ und ich erkläre ihr, mein Plan sei es, alles so weit wie möglich ohne Schmerzmittel zu schaffen. Drauf entgegnet sie:„DAS haben Sie geschafft, der Muttermund ist komplett offen!“
Wir bekamen nun sofort ein Zimmer, inzwischen ist es 1.45 Uhr. Komischerweise empfinde ich die Wehen nun as nicht mehr so schlimm und habe den Eindruck, dass sie weder länger noch häufiger auftreten. Im Gegenteil: ich empfinde sie eigentlich nicht mehr als sehr schmerzhaft. Mein Mann weicht nicht von meiner Seite. Bald sagt Mary, dass ich auf meinen Körper hören soll und versuchen solle mitzupressen. In dem Moment wird mir ungläubig bewusst, dass es jetzt nicht mehr lange dauern wird. Bei einer der nächsten Wehen öffnet Mary die Fruchtblase und zwei Wehen später kommt er im Raketentempo auf die Welt: Jasper Frederik, geboren am 7. Dezember 2010 um 2.45 Uhr mit 50cm, 3150g und einem Kopfumfang von 33cm.
Wir sind überglücklich und bekommen viel Zeit, um miteinander um zu kuscheln, „skin-to-skin“-Kontakt aufzubauen und den Kleinen zum ersten Mal anzulegen. Die Nabelschnur pulsiert über eine halbe Stunde lang aus. Meine Plazenta kommt gut eine Stunde nach der Geburt ganz natürlich und ohne Injektion. Dem Kleinen geht es super, er war die ganze Geburt über so cool, dass sich seine Herztöne so gut wie gar nicht beschleunigt hatten und auch jetzt ist er topfit. Selbstverständlich ist er für uns das schönste Baby auf der ganzen Welt!
Alles in allem war es eine echte Traumgeburt – besser, als ich es mir je erträumt hatte und ich muss gestehen auch einfacher und weniger schmerzhaft als ich es mir vorgestellt hatte.
Leider ist die schnelle Geburt doch nicht spurlos and mir vorüber gegangen. Ich musste im OP unter spinaler Anästhesie eineinhalb Stunden lang wieder „repariert“ werden – und das, nachdem ich für die Geburt an sich keinerlei Schmerzmittel gebraucht hatte. Der Kleine lag die ganze Zeit über bei mir und auch mein Mann durfte (musste?!) mit, also war alles andere glücklicherweise nur noch halb so schlimm...
Erst um 8 Uhr morgens kamen wir ins „recovery room“. Dort stellte sich heraus, was für eine ereignisreiche Nacht es gewesen war. Ich weiß zwar nicht, wie viele Kinder insgesamt geboren wurden, aber es waren definitiv zwei Mal Zwillinge darunter. Zwei Babys waren sogar noch auf dem Weg ins Krankenhaus auf die Welt gekommen. Im Nachhinein gesehen hätte das fast auch unserem Jasper passieren können!
Da es dem Kleinen und mir immer noch blendend ging, bestand ich darauf, noch am gleichen Tag entlassen zu werden – im eigenen Bett erholt man sich einfach besser als in einem Sechser-Krankenhauszimmer mit Vorhängen zwischen den Betten – sodass wir um 21 Uhr zuhause waren.
Seitdem gewöhnen wir uns aneinander, kuscheln viel und sind einfach nur glücklich... Es ist sehr anstrengend, da der Kleine ständig Hunger zu haben scheint oder wenn nicht dann eine volle Windel oder Schluckauf! Aber wir kommen gut zurecht und es ist bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis wir eine gewisse Routine haben. Meine Wunde muss auch noch verheilen, das Sitzen fällt mir schwer, aber auch das wird sich irgendwann wieder einrenken...
Ich hoffe, euch hat der ausführliche Bericht gefallen. Vielleicht macht er ja einigen Bald-Mamis Mut (gell Ranunkelchen!), dass eine Geburt manchmal auch ganz einfach sein kann.
Euch allen jedenfalls vielen Dank für die lieben Glückwünsche, ich bin total überwältigt!
edit: foto raus