20. Juli 2018
Türkische Hochzeitsbräuche
Vom Antrag bis zum Hochzeitsfest - Türkische Hochzeitsbräuche sind auch heute noch sehr traditionell und einfach faszinierend. Besonders schön ist, dass die Familie des Brautpaares von Anfang an sehr intensiv in die Vorbereitungen eingebunden ist, denn Zusammenhalt wird in türkischen Familien groß geschrieben! Mit diesen spannenden Traditionen ließen sich sicherlich ganze Bücher füllen. Einige Highlights haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Der Heiratsantrag und die Verlobungsfeier
Ganz traditionell macht eher der zukünftige Bräutigam seiner Liebsten einen romantischen Heiratsantrag. Hat die Dame seines Herzens freudig "Ja" gesagt, so müssen die Eltern des Bräutigams dann beim Vater der Braut offiziell um die Hand seiner Tochter anhalten. Hierzu lädt die Familie der Braut die Bräutigameltern zu Tee, Kaffee und Gebäck ein. Bei diesem Treffen bringen die Bräutigameltern kleine Geschenke mit. Nachdem die zukünftige Braut Kaffee serviert hat und dieser ausgetrunken wurde, ist es Zeit, die Frage zu stellen.
Erst wenn der Brautvater sich einverstanden zeigt, schließt sich am gleichen Tag oder einige Zeit später das "Söz kesme" an, bei welchem sich die Verlobten Ringe an die rechten Ringfinger stecken. Die Ringe sind durch eine seidene Schnur verbunden, welche durch ein männliches Familienmitglied des Bräutigams durchgeschnitten wird.
Nach diesem feierlichen Akt wird es für die Brauteltern Zeit, ein freudiges Fest zu organisieren; denn was in Deutschland mittlerweile eher aus der Mode gekommen ist, wird nach türkischem Brauch weiterhin zelebriert: Die Verlobungsfeier. Meist werden neben den Familienmitgliedern auch Freunde und Bekannte eingeladen. Sofern das Heim der Brauteltern ausreichend Platz für die gut und gerne 100-200 Gäste bietet, wird hier getanzt und gespeist, andernfalls in einem größeren Saal. Für die Braut ist das Verlobungsfest die erste Gelegenheit, sich in einem pompösen Kleid zu präsentieren und mit ihrem Bräutigam an einem hübsch verzierten Tisch Platz zu nehmen.
Die Henna-Nacht oder Kina Gecesi
Nach alter Tradition findet die Henna-Nacht am Tag vor der Hochzeit im Kreise der Familie und Freunde statt. Alle weiblichen (Männer haben hier nichts zu suchen) Gäste werden in das Haus der Brauteltern oder in einen gemieteten Saal eingeladen, wo eine glücklich verheiratete Ehefrau der Braut mit Henna die Hände und Füße verziert.
Bei der Henna-Nacht handelt es sich um ein eher melancholisches Fest, bei dem sich die Braut symbolisch von Ihrer Familie verabschiedet. Aus diesem Grund wird die Braut mit traurigen Gesängen zum Weinen gebracht. Im Laufe des Abends soll sich die Atmosphäre jedoch auflockern und in einem fröhlichen Fest münden.
Pompös, pompöser - das türkische Brautkleid
Das Wort "schlicht" ist auf den meisten türkischen Hochzeiten fehl am Platz. Türkische Brautkleider sind nicht selten sehr ausladend, reichlich verziert und voller Glitzer. Die Kleider werden oft in der Türkei oder in speziellen türkischen Läden gekauft, welche mittlerweile auch in Deutschland große Verbreitung finden. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Weseler Straße in Duisburg, in welcher sich türkische Brautmodengeschäfte aneinanderreihen.
Doch nicht nur die Braut, auch die weiblichen Gäste erscheinen meist in aufwendigen Prinzessinnenkleidern. Nicht zuletzt für die Junggesellinnen bieten Hochzeiten auch immer Gelegenheit, sich zu präsentieren. Hochzeitsfeste sind schließlich immer eine gute Kontaktbörse für potentielle künftige Paare. Nur geht es hier oft noch etwas traditioneller zu: So kann es vorkommen, dass einige Tage nach einer Hochzeit das Telefon eines Gastes klingelt und sich ein interessierter Vater nach einer potenziellen Braut für seinen Sohn erkundigt.
Die eigentliche Trauung
Die standesamtliche Hochzeit ist notwendig, damit die Eheschließung rechtswirksam wird und kann wahlweise im deutschen Standesamt oder dem türkischen Konsulat vollzogen werden. Sie findet häufig schon einige Tage vor der großen Hochzeitsfeier satt. Gefeiert wird nur im Kreise der Familie bspw. bei einem Essen im Restaurant.
Sofern die Zeremonie am Tag der Hochzeitsfeier stattfindet, so ist hier nicht die gesamte Gästeschar versammelt. Diese hat sich meist schon im Festsaal eingefunden. Das "richtige" Brautkleid zieht die Braut erst für das große Fest an.
Vielen türkischstämmigen Brautpaaren ist die religiöse Trauung wichtig. Die islamische Trauung wird "Imam Nikah" oder auch "Hoca Nikah" genannt und kann nur nach der standesamtlichen Trauung vollzogen werden. Durchgeführt wird sie von einem Imam/Hoca und findet entweder zu Hause oder in der Moschee statt.
Der Festtag: Das Abholen der Braut am Hochzeitstag oder Gelin Alma
Am Morgen der Hochzeitsfeier wird die Braut aufwendig geschminkt und frisiert. Anders als es bei deutschen Hochzeiten typisch ist, sieht sich das Brautpaar nicht erst vor dem Altar, denn der Bräutigam holt seine zukünftige Ehefrau in ihrem Elternhaus ab. Bevor er sie aber mitnehmen darf, verlangt die Familie der Braut eine Mitgift in Form von „Geld oder Gold" vom baldigen Schwiegersohn.
Wenn das Brautpaar das Elternhaus der Braut verlässt, wird es mit Reis und Weizen beworfen. Die Braut trägt ein rotes, besticktes Tuch über Kopf und Gesicht. Der Farbe Rot kommen dabei mehrere Bedeutungen zu: Sie steht für Fruchtbarkeit, Wohlstand und tiefe Liebe. Ist die Braut noch Jungfrau, wickelt ihr Vater ihr ferner ein rotes Tuch um die Taille, das für Reinheit und Unberührtheit steht. Unter ihrem Schuh hat die Braut außerdem die Namen unverheirateter Freundinnen oder Schwestern/Cousinen geschrieben. Diejenigen, deren Namen am Ende des Tages nicht mehr zu lesen sind, werden selbst bald heiraten.
Auf der Straße vor dem Elternhaus wird bereits mit türkischer Folkloremusik gefeiert, sodass auch die letzten Nachbarn vom Hochzeitsfest erfahren. In einem Autokonvoi fahren das Brautpaar und die Familie dann zum Festsaal. Dabei sind die Autos mit weißen Handtüchern gekennzeichnet, welche meist am Außenspiegel befestigt werden.
Die Hochzeitsfeier
Nachdem die Brauteltern die Verlobungsfeier finanziert haben, übernehmen die Eltern des Bräutigams traditioneller Weise die Kosten für die Hochzeitsfeier. Türkische Hochzeiten finden in einem sehr großen Rahmen statt, ganz nach dem Motto "Je mehr Gäste, desto besser die Feier". Verwandte, Freunde, ferne Bekannte - sie alle sind herzlich willkommen und werden zum Teil sogar eingeflogen. Die Eingeladenen bringen ihrerseits wiederum Gäste mit. Selten zählt das Brautpaar weniger als 400 Gäste, selbst die Tausendermarke wird regelmäßig überschritten. Um die Kosten einzudämmen, ist das Hochzeitsmenü selbst eher bodenständig, aber schmackhaft: Hähnchen, Reis, Salat und auch die Hochzeitstorte dürfen nicht fehlen.
Um all den Gästen Platz zu bieten, wird ein großer Saal gemietet, welcher gerne üppig und feierlich dekoriert wird. Das Brautpaar erhält einen Ehrenplatz auf einem Podest.
Und auch der Spaß kommt nicht zu kurz. Bei musikalischer Begleitung durch ein Orchester und türkische Sänger wird oft bis spät in die Nacht gefeiert und getanzt. Gerne werden Bauchtänzerinnen für einen orientalischen Tanz gebucht.
Geschenkzeremonie
Ein besonderes Highlight ist die Geschenkezeremonie. Die Gäste beschenken das Brautpaar überwiegend mit (großen Summen von) Geld, enge Verwandte schenken in der Regel Goldschmuck oder Reisen. Die Geschenke werden dabei der Reihe nach abgegeben und ein Sprecher teilt der gesamten Gesellschaft mit, was geschenkt wurde. Da möchte natürlich niemand als geizig hervorstechen. Die Reihenfolge der Schenkung ist so festgelegt, dass zuerst die Brauteltern, dann die Bräutigameltern und anschließend die übrigen Gäste ihre Gaben weiterreichen.
Die Zeit nach der Hochzeit
Nach konventionellem türkischem Brauch zieht das frisch gebackene Ehepaar erst nach der Hochzeit zusammen. Während zur Mitgift der Braut das Schlafzimmer sowie die Küchenutensilien zählen, trägt der Bräutigam die restlichen Kosten der Wohnungseinrichtung.
Und was bringen beide mit? Richtig - Ihre gegenseitige Liebe und die Erinnerung an ein unvergessliches Hochzeitsfest!
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