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Voting - Deutschlands Romantischster Heiratsantrag 2016

Wie in alten Erinnerungen

So im Nachhinein standen die Zeichen schon auf „glasklar“. Aber so wirklich beschäftigt habe ich mich mit dem Thema nicht. Es war mir schon klar, dass wir irgendwann heiraten, aber wann und wie - bis zu diesem einen Moment war es einfach so weit weg. Nicht weil ich es nicht wollte, sondern (vielleicht gerade) weil wir einfach glücklich waren und alles fein war, so wie es war. Und dann kam der 27. Februar 2016…

Ein Tag vor unserem 7. Jahrestag fahren wir nach München. Warum? Weil wir morgen, an unserem Jahrestag, von dort aus nach Lissabon fliegen – mein Weihnachtsgeschenk von Manu. Von Sonntag bis Mittwoch werden wir die portugiesische Hauptstadt unsicher machen. Um uns gleich richtig einzustimmen, haben wir uns spontan und kurzfristig (das dachte ich zumindest) in München für eine Nacht im noblen Pullman Hotel eingebucht. Die Fahrt läuft super, nach zwei Stunden sind wir bereits da. Wir haben das Glück auf unserer Seite: Parkplatz direkt vor der Türe, Zimmer schon fertig zum Einchecken und der blaue Himmel strahlt mal wieder über der kalten Luft in München – genau wie vor sieben Jahren, als wir hier unser allesentscheidendes Date hatten und zum Paar wurden.

Unser „Schlecht-Wetter-Karma“ auf Reisen scheint sich endlich verzogen zu haben. Yeah. Wir pilgern also direkt los Richtung Innenstadt und gehen zuerst einmal ein bisschen shoppen. Dieser Tag heute ist perfekt – relaxt, ungezwungen und entspannt. Weil die Sonne so schön scheint, beschließen wir einen Spaziergang durch den Englischen Garten zu machen und landen nach einer kleinen Seifenblasen-Beobachtung natürlich am Chinesischen Turm, wo sogar ich nicht umher komme, einen halben Liter Radler zu trinken. Wir schicken ein lustiges Video mit Prositgesängen an Tizi nach Italien. Tizi ist einer unserer besten Freunde, den wir vor sieben Jahren in dieser Stadt kennenlernten, als wir nach unserem ersten Kuss beschlossen hatten, uns im Hofbräuhaus aufzuwärmen. Zugegeben, nicht unbedingt die romantischste Anlaufstelle, aber im Nachhinein eine Entscheidung für’s Leben. Denn dort trafen wir auf Tizi. Was mit einer Flasche Prosecco im Hofbräuhaus (ja ehrlich!) schon sehr außergewöhnlich begann, wurde zu einer Freundschaft für’s Leben. Wir schwelgen in Erinnerungen an diesen unglaublichen Tag vor sieben Jahren. Nachdem die Sonne hinter den Bäumen versinkt, wird es frisch und wir machen uns auf den Weg zurück zur Innenstadt.

Irgendwas drückt in meinem Schuh – ein Steinchen, ausgeschüttelt und weiter geht’s. Aber irgendwas klemmt immer noch. Ich werd ja jetzt wohl keine Blase bekommen?! Manu fragt mich leicht irritiert, ob ich lieber U-Bahn fahren möchte* - natürlich nicht, bei dem Wetter! Ich werde es schon überleben. Aber hey, wie wäre ein Abstecher zur Pommes Boutique*? Die habe ich kürzlich auf meinem neuen Lieblingsbeschäftigungsmittel Pinterest entdeckt und die muss irgendwo neben dem Englischen Garten liegen. Echt jetzt? Pommes in München? Die kann man doch überall essen… Manu ist nicht begeistert von meinem Vorschlag. Naja gut, er hat ja recht, also weiter geht’s. Kurz vor dem Ende des Englischen Gartens entdecken wir die Surf-Welle auf der Isar – cool, sogar im Februar gibt es Verrückte, die bei 3 Grad Wellenreiten. Komm wir gehen gucken*! Links oder rechts rum um den Fluss? Manu geht los (ich dachte in diesem Moment, ich sei losgegangen!). Irgendwann driften wir etwas ab und ich habe das Gefühl, hier schon mal gewesen zu sein. Also wir durch eine Unterführung laufen, trifft mich die Erinnerung wie ein Blitz (ein schöner Blitz!) – da vorne ist „unser Mäuerle“! Das Mäuerle, auf dem wir vor sieben Jahren so lange in der Sonne saßen, bis ich ihn geküsst habe. Wie cool ist das denn? Ich dachte, das fänden wir nie wieder. Komm lass uns auf’s Mäuerle sitzen! Manu kann fast nicht nein sagen. Also setzen wir uns auf die Mauer – Manu nach hinten, ich vor ihn. Während ich überlege, wie das damals funktionierte, ohne dass ich eine Blasenentzündung bekommen habe, lacht Manu, dass er gar nicht versteht, wie lange wir dort sitzen konnten, weil der Pfosten ein Bauträger und ziemlich unbequem im Rücken ist. Wir schwelgen in Erinnerungen, als Manu sagt: „Fass mal in meine linke Jackentasche!“. Hä? Tempopäckchen…oh ja, habe eine kleine Rotznase. Aber nein, da sind gar keine Tempos drin, sondern ein Schmuckschächtelchen. In meinem Kopf schlagen die Gedanken quer – was ist denn das jetzt? Mach es auf! Manu grinst mich an. Ich krieg das Ding vor Aufregung nicht auf und mach es fast kaputt. Er lacht und hilft mir. Drin ist unser Bild – von vor sieben Jahren auf diesem Mäuerchen an exakt gleicher Stelle. Und ein Post-It mit den Worten „Jetzt komm?“.

„Vor sieben Jahren hast du an dieser Stelle den entscheidenden Schritt gewagt und mich mit den Worten „Jetzt komm“ einfach geküsst. Ich weiß nicht, ob ich mich damals überhaupt getraut hätte. Aber ich bin sehr froh darüber, denn ich liebe dich über alles. Und deshalb möchte ich heute hier den nächsten Schritt gehen und dich fragen, ob du mich heiraten willst.“ – Oh mein GOOOOOOOOOOOTT!!!

Ich weiß nicht mehr, was ich geantwortet hab, ob ich überhaupt geantwortet hab, oder ihm einfach nur um den Hals gefallen bin und ihn geküsst habe, aber die Antwort war uns beiden wohl klar. Ja, ich will – und wie!

Die nächsten Minuten sind wie ein Tunnel, es gibt nur uns beide, das Mäuerle und unser Schächtelchen. Irgendwann muss ich lachen und stelle fest, dass auf dem Bild von damals ich hinten an dem unbequemen Pfeiler saß und sicherlich deshalb den ersten Schritt gewagt hatte. Wir küssen uns gefühlt tausend Mal, Leute laufen vorbei, die wir nicht wahrnehmen. Nur die beiden Herren in Uniform, die nun schon zum dritten Mal hier vorbei laufen…. Upsi. Wird wohl Zeit zu gehen. Wir stellen später fest, dass diese Mauer zu einem Justizgebäude gehört und wir wahrscheinlich schon länger unter Beobachtung standen.

Auf dem Weg Richtung Stadt sage ich bestimmt viermal Verlobter zu ihm. Wie sich das anhört! Ungewohnt, aber gut.

Wir gehen ins Hofbräuhaus, wie damals. Allerdings nur zum Pinkeln. Ein Prosecco, um auf uns anzustoßen wäre mir doch lieber als noch ein Bier. Wir laufen also zum Viktualienmarkt und bestellen an einem spanisch-französischen Wurst- und Käsestand eine Flasche Prosecco, ausschenken dürfen sie uns nichts, deshalb bekommen wir stilecht zwei 0,5 Liter Plastikbecher, und so stehen wir mitten auf der Straße. Auf uns!

Tja, was soll ich sagen…. Ich bin verlobt! Wir werden heiraten!

Warum dieser Hochzeitsantrag der romantischste ist? Ganz einfach, weil er eben nicht der typisch romantische „Nepp“ ist, auf den laut Klischee jede Frau wartet -  mit roten Rosen, Candlelight-Dinner oder Kerzenmeer. Er fand auch nicht in Südafrika auf Safari statt oder im Honeymoon-Bungalow in Mexiko, wo wir in den letzten Jahren waren und Gott sei Dank schon gar nicht irgendwo in der Öffentlichkeit. Unser Heiratsantrag war schlicht, intim und persönlich, er war „wir“ und ganz einfach voller Liebe! Warum kein Ring in meinem Schächtelchen war? Weil ich Schmuck hasse und er sich weder sicher war, welche meine Ringgröße gewesen wäre (ich besitze bis dato nämlich gar keinen), noch, ob ich überhaupt einen gewollt hätte. Ja gute Frage. Will ich denn einen Verlobungsring?

Als ich später in Lissabon nach Alternativen gegoogelt habe, habe ich beschlossen, definitiv kein Tattoo stechen lassen zu wollen und eine Uhr fand ich dann auch nicht unbedingt passend. Und so haben wir uns in der portugiesischen Hauptstadt doch auf die Suche nach meinem Ring gemacht. Seiter trage ich meinen ersten Ring, unseren Verlobungsring, mit Stolz und ganz viel Liebe. Jeden Tag erinnert er mich daran, dass mein Mann es auch nach sieben Jahren Beziehung schafft, mich zu überraschen und dass wir gemeinsam alt werden. Aus Liebe. Und weil wir einfach „wir“ sind.
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